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Der Grund, warum das Regina-Filmtheater für drei Tage geschlossen hatte, verrät die Zeitungsanzeige (Bild 26) vom 21.12.1962:


annonce flying clipper
Bild 26: Kopie des Zeitungsinserats vom 21.12.1962 im Weser-Kurier. Der erste deutsche 70mm-Farbgroßfilm war auch der erste Film, der im Regina-Filmtheater im 70mm-Format zum Einsatz kam.




Für den ersten deutschen 70mm-Farbgroßfilm "FLYING CLIPPER", der in 6-Kanal-Stereoton und in Eastmancolor aufgenommen wurde,  kamen ab dem 21. Dezember 1962 zwei 70mm-Projektoren zum Einsatz. Beide 35mm-Projektoren "Bauer B12" mußten Platz machen für zwei Projektoren, auf denen sowohl 35mm-Filme als auch 70mm-Filme abgespielt werden konnten. Solche Projektoren nennt der Fachmann auch Universalprojektoren oder 2-Format-Projektoren.


Gegenüber dem 35mm-Film, den es entweder mit Lichtton oder mit 4-Kanal-Magnetton gab, wurde der 70mm-Film nur mit 6-Kanal-Magnetton angeboten. Die Universalprojektoren hatte der Kinobesitzer in der Regel nicht gemietet, so wie es bei den CINERAMA-Anlagen üblich war, sondern er kaufte die Maschinen. Damit auf Dauer keine unbezahlbaren Summen an Umbaukosten entstanden, konnten diese 70mm-Projektoren mit wenigen Handgriffen für den 35mm-Film umgerüstet werden.


Als Lichtquelle kam die "wassergekühlte" HI-Kohle zum Einsatz, die schon im Oktober 1960 beim ersten CINEMIRACLE-Film "Windjammer" die Bewährungsprobe bestanden hatte. Das Schönste an dieser Sache ist, dass Wilhelm Schietke damals die Projektionsanlage fotografierte und das Farbfoto (Bild 27) dieser "Regina-Filmtheater-Präsenz" gerne zur Verfügung stellt.


philips dp70 mit grossem lampenhaus
Bild 27: Der erste Einsatz der Universalprojektoren "Philips DP70" im Regina-Filmtheater. Für die wassergekühlten HI-Kohleelektroden, die sich in den großen Lampenhäusern befanden, wurden auch extra leistungsfähigere Gleichrichter benötigt.    (Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)


Im Vorführraum des Regina-Filmtheaters kamen kurz vor Weihnachten 1962 zum ersten Mal die "Philips DP70"-Projektoren für 35mm + 70mm-Filme zum Einsatz. Diese Projektoren waren von der Geschäftsleitung nicht für den ständigen Einsatz im Regina-Filmtheater vorgesehen, sondern sollten als "Wandermaschinen" für die hauseigenen Filmtheater dienen, in denen 70mm-Filmproduktionen zum Einsatz kommen sollten. Diese kostspieligen Umbauten wurden dann später doch unterlassen. Die "Philips DP70"-Projektoren waren nur kurze Zeit im Bildwerferraum des Regina-Filmtheaters in Betrieb.



Das Filmspulen-Einmaleins, Teil 1:

Gegenüber den "Bauer B12"-Projektoren und allen anderen 35mm-Projektoren, auf denen nur 600m-Filmspulen mit einer Laufzeit von maximal 22 Minuten abgespielt werden konnten, hatten die Spulentrommeln der "Philips DP70"-Projektoren generell ein Fassungsvermögen von 1300 Meter für die hauseigenen Filmspulen, die aus Aluminium gegossen wurden. Die 600m-Filmspulen, die für die "Bauer B12"-Projektoren verwendet wurden, passten nicht auf die Achsen der "DP70", weil durch das höhere Gewicht der 70mm-Filme die Spulenachsen einen Durchmesser von 12,7 Millimeter aufwiesen. Der Durchmesser der Achsen für die herkömmlichen Standardfilmspulen beträgt auch heute noch neun Millimeter und ist bei allen 35mm-Filmprojektoren zu finden, die Filmspulen bis zu 2000 Meter aufnehmen können.

Der zweite Unterschied bestand im Innendurchmesser. Während die normalen Filmspulen einen Kerndurchmesser von 12,7 cm besitzen, haben alle 35mm- und 70mm-Aluminium-Filmspulen der DP70 einen Kern von 20 cm im Durchmesser.

Ein besonderes Aussehen hatten die 35mm-Filmspulen der Philips DP70-Projektoren. Um auf die Spulenachsen der DP70 zentriert zu passen, war der Aufnahmekern der 35mm-Filmspule genauso breit wie die 70mm-Filmspule.



35mm-Filmspule aus Aluminiumguss
Bild 28: Die 35mm-Filmspule aus Aluminiumguss der "Philips DP70"
für 1300m Film stammt aus dem "Gloria" Hannover.
(Das Foto ist Eigentum des Verfassers)



Das Filmspulen-Einmaleins, Teil 2:

Bei der 35mm-Filmvorführung bestand im Regina-Filmtheater nun erstmals die Möglichkeit, jeweils zwei Akte miteinander zu koppeln. Damit brauchte der Filmvorführer nicht mehr aktweise zu überblenden. Ein kompletter 35mm-Film mit einer Länge von 90 Minuten besteht in der Regel aus fünf bis sechs Rollen, die im Fachjargon "Akte" genannt werden. Jeder Akt hat niemals eine Länge von genau 600 Meter, sondern kann auch erheblich kürzer sein. 600 Meter des 35mm-Films haben eine Laufzeit von 22 Minuten. Der erfahrene Filmvorführer rechnet in der Regel mit 15 bis 20 Minuten Laufzeit pro Akt, je nachdem wie voll die einzelne Filmspule ist. Aktwechsel erfolgen in der Regel auch mit Szenenwechsel.


Der Versand dieser Filme erfolgte damals wie heute in Kartonagen, wobei jeder einzelne Akt nicht auf einer Filmspule, sondern nackt auf einen Holzkern, auch "Bobby" genannt, aufgewickelt wurde. Die auf Bobbys aufgewickelten Akte eines kompletten 35mm-Films kamen einzelnd in eine Pappschachtel, alle Pappschachteln in eine würfelähnliche Kartonage, die anschließend gut verschnürt wurde und etwa 26 bis 30 kg Gesamtgewicht auf die Waage brachte.  Jedes Filmtheater hatte seine eigenen Filmspulen.


Anmerkung: Seit Anfang der 70er Jahre gibt es Filmtheater, die keine Filmspulen mehr verwenden, sondern Telleranlagen mit Tellerscheiben von etwa 132cm im Durchmesser haben. Auf eine Tellerscheibe finden Spielfilme mit bis zu 4 Stunden Spielzeit Platz. Das sei hier aber nur am Rande erwähnt.


Ein 35mm-Film hat 4 Perforationslöcher pro Bild, ein 70mm-Film hat dagegen 5 Perforationslöcher. Für 22 Minuten Film wird beim 35mm-Format rund 600 Meter Film belichtet, für die gleiche Laufzeit benötigte man beim 70mm-Format etwa 750 Meter Film. Durch die Magnettonspur, die zusätzlich auf den 70mm-Film aufgetragen wurde, nahm das Filmmaterial an Dicke etwas zu, so dass auf eine 70mm-Filmspule nur etwa 1000 Meter Film Platz fanden. Nach spätestens 30 Minuten Laufzeit war die Kapazität einer 70mm-Filmspule erschöpft.

70mm-Filme wurden damals auf Grund ihres Gewichts nicht auf Bobbys gewickelt und in Kartonagen verpackt. Für jede einzelne 70mm-Rolle gab es eine entsprechende Transportspule, die in einem Metallcontainer mit Griff versendet wurde. Für einen kompletten 70mm-Film wie zum Beispiel "Spartacus" kamen schnell dreizehn Behälter zusammen.


Fazit: Einem Ingenieur ist nichts zu schwer!





Bei der Vorführung des 70mm-Films "FLYING CLIPPER" hatte sich herausgestellt, daß die leistungsfähigen wassergekühlten Lampenhäuser für HI-Kohle nicht unbedingt erforderlich waren und so wurden der Wirtschaftlichkeit halber die Original Philips-Lampenhäuser auf die "Philips DP70"-Projektoren (Bild 29) montiert. Die hauseigenen 80-Ampere-Schrieber-Gleichrichter für die Verwendung der HI-Beckkohle kamen damit auch wieder zum Einsatz.


Universalprojektor Philips DP70
Bild 29: Der gleiche Vorführraum mit den TODD AO-Projektoren nur wenige Wochen später. In den USA sind diese "Philips DP70"-Projektoren unter der Bezeichnung "Norelco AAII" zu finden.
(Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)



Zwei weitere Fotos aus dem Vorführraum des Regina-Filmtheaters wurden mir von Herrn Schietke zur Verfügung gestellt. Auf Bild 28 legt er eine 70mm-Rolle des Films "FLYING CLIPPER" ein und Bild 29 zeigt eine ebenfalls wichtige Arbeitsecke aus dem Arbeitsbereich des Filmvorführers.


DP70 Film einlegen
Bild 30: Eine 70mm-Filmrolle des Films "FLYING CLIPPER" wird an der "Philips DP70" von Herrn Schietke eingelegt.   (Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)


70mm-Film umspulen
Bild 31: Nach der Projektion wurde jede Filmrolle mit dem handbetriebenen Umroller wieder auf den Anfang zurückgespult. Auf dem Bild zu sehen sind die 70mm-Filmspulen aus Aluminiumguss.
(Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)



In der Geschäftsleitung gab es zum 1. Januar 1963 eine personelle Veränderung. Die Filmtheater Betriebsgeschellschaft Billerbeck & Rhode KG - Bremen wurde umbenannt in Bremer Filmtheater-Betriebsgesellschaft Billerbeck KG, da Herr Rhode ausschied. Das Regina-Filmtheater ging in den Besitz von Herrn Robert Billerbeck. Über die Höhe des Verkaufpreises ist nichts bekannt. Herr Rhode war aus dem Kinogeschäft ganz ausgestiegen und soll wahrscheinlich im Süden Deutschlands an einem Hotel oder mehren Hotels beteiligt gewesen sein.

Mitte der 90er Jahre lebte Herr Rhode in einem Altenheim in Bremen-Brinkum und schwärmte noch immer vom Regina-Filmtheater.



Aus der Filmtabelle sind die Spielzeiten des Film "FLYING CLIPPER" zu entnehmen.

TAG DATUM
FILM
Vorstellungszeit / FSK
Bildformat  /
Tonformat
Sonstiges
Fr 21.12.1962 FLYING CLIPPER
Festliche Premiere um 20.15   -   Die Traditionskapelle
des Marine Musikkorps gab von 19.00 - 20.15 ein
Platzkonzert vor dem Filmtheater
70mm-Farbfilm
6-Kanal-Stereo-
Magnetton
Sa 22.12.1962 FLYING CLIPPER
16.45,  20.15,  Sa + So auch 13.30   -   ab 6 J.
     -  "  - 1. Wo
Fr 28.12.1962      -  "  -                      Silvester 16.00 + 19.30      -  "  - 2. Wo
Fr 04.01.1963      -  "  -      -  "  - 3. Wo
Fr 11.01.1963      -  "  -      -  "  - 4. Wo
Fr 18.01.1963      -  "  -      -  "  - 5. Wo
Fr 25.01.1963      -  "  -      -  "  - 6. Wo
Fr 01.02.1963      -  "  -      -  "  - 7. Wo
Fr 08.02.1963      -  "  -      -  "  - 8. Wo
Fr 15.02.1963      -  "  -      -  "  - 9. Wo
Fr 22.02.1963      -  "  -      -  "  - 10. Wo
Fr 01.03.1963      -  "  -      -  "  - 11. Wo
Fr 08.03.1963      -  "  -      -  "  - 12. Wo


Für den Anschlussfilm, der nach "FLYING CLIPPERr" zum Einsatz kam, wurde im Vorfeld auch wieder kräftig die Werbetrommel gerührt. Für den Freitag, 15. März 1963 war um 20.15 Uhr eine festliche Premiere für geladene Gäste vorgesehen. Zu diesem Zweck wurden Einladungen (Bild 32) gedruckt. Auf denen stand zu lesen:

Die UNITED ARTIST CORPORATION GMBH, das Kulturkartell Bremen e.V. und die Direktion des REGINA geben sich die Ehre, Sie zur Pemiere "West Side Story" am Freitag, 15. März 1963 um 20.15 Uhr einzuladen.



Einladung zur West Side Story
Bild 32: So sah die Einladung aus für die Premiere des Films
"WEST SIDE STORY" aus, welche die geladenen Gäste
erhielten.  (Aus dem Archiv von H. Rigbers.)


Für die musikalische Umrahmung sorgte die 61. United States Army Band, die im Kinosaal auf der Bühne vor der Leinwand (Bild 33) saß und spielte.


61. United States Army Band
Bild 33: Die 61. United States Army Band spielte am Abend des 15. März 1963 im Rahmen der festlichen Premiere vor geladenen Gästen auf der Regina-Bühne.  
(Das Foto ist aus dem Archiv von H. Rigbers.)



TAG DATUM
FILM
Vorstellungszeit / FSK
Bildformat  /
Tonformat
Sonstiges
Fr 15.03.1963 WEST SIDE STORY
20.15   -   nur für geladene Gäste
Farbfilm
CinemaScope
Prädikat:
bes. wertvoll
10 Oscars
Sa 16.03.1963 WEST SIDE STORY
16.45,  20.15,  Sa + So auch 13.30   -   ab 12 J.
     -  "  - 1. Wo
Fr 22.03.1963      -  "  -      -  "  - 2. Wo
Fr 29.03.1963      -  "  -      -  "  - 3. Wo
Fr 05.04.1963      -  "  -      -  "  - 4. Wo
Fr 12.04.1963      -  "  -      -  "  - 5. Wo
Fr 19.04.1963      -  "  -      -  "  - 6. Wo
Fr 26.04.1963      -  "  -      -  "  - 7. Wo
Fr 03.05.1963      -  "  -      -  "  - 8. Wo
Fr 10.05.1963  VOM WINDE VERWEHT
14.30,  19.30   -   ab 12 J.
 Farbfilm Prädikat:
wertvoll
Fr 17.05.1963      -  "  -      -  "  - 2. Wo
Fr 23.05.1963      -  "  -      -  "  - 3. Wo
Fr 31.05.1963      -  "  -      -  "  - 4. Wo
Fr 07.06.1963      -  "  -      -  "  - 5. Wo
Fr 14.06.1963      -  "  -
(Nur noch kurze Zeit und letzte Gelegenheit)
     -  "  - 6. Wo
Fr 21.06.1963      -  "  -      -  "  - 7. Wo
Fr 28.06.1963      -  "  -
(Immer wieder ausverkaufte Vorstellungen)
     -  "  - 8. Wo
Fr 05.07.1963      -  "  -
(Nun wird´s höchste Zeit, wenn Sie diesen Film nicht versäumen wollen)
     -  "  - 9. Wo
Fr 12.07.1963      -  "  -       -  "  - 10. Wo
Fr 19.07.1963 MEUTEREI AUF DER BOUNTY
16.00,  20.00   -   ab 12 J.
Farbfilm
CinemaScope
Prädikat:
wertvoll
Fr 26.07.1963      -  "  -      -  "  - 2. Wo
Fr 02.08.1963      -  "  -      -  "  - 3. Wo
Fr 09.08.1963      -  "  -      -  "  - 4. Wo
Fr 16.08.1963      -  "  -      -  "  - 5. Wo
Fr 23.08.1963      -  "  -      -  "  - 6. Wo
Fr 30.08.1963      -  "  -      -  "  - 7. Wo
Fr 06.09.1963      -  "  -      -  "  - 8. Wo
Fr 13.09.1963      -  "  -
(Nur noch kurze Zeit und letzte Gelegenheit)
     -  "  - 9. Wo
Fr 20.09.1963      -  "  -      -  "  - 10. Wo
Fr 27.09.1963 HOTEL INTERNATIONAL
16.45,  20.15,  Sa + So auch 13.30   -   ab 16 J.
Farbfilm in
Metrocolor
Prädikat:
wertvoll
Fr 04.10.1963      -  "  -      -  "  - 2. Wo
Fr 11.10.1963      -  "  -      -  "  - 3. Wo
Fr 18.10.1963      -  "  -      -  "  - 4. Wo
Fr 25.10.1963      -  "  -      -  "  - 5. Wo
Fr 01.11.1963      -  "  -      -  "  - 6. Wo
Fr 08.11.1963 Geschlossen wegen Umbau......


Schon wieder geschlossen wegen Umbau? Warum denn das?
- werden Sie sich jetzt sicher fragen. In der Tat wurde schon wieder umgebaut. Das dauerte gegenüber den vorherigen Umbauten dieses Mal auch etwas länger. Denn große Ereignisse dauern eben etwas länger.





Um Sie nicht unnötig auf die Folter zu spannen, mache ich ihnen mal einen ultimativen Vorschlag:


Einmal bitte tief Luft holen und dann auf den linken Button drücken.


Wenn Sie aber auf die Hauptseite zurück möchten, brauchen Sie nicht nach oben scrollen, sondern drücken auf den rechten Button mit der Aufschrift "Zurück".




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Die Seite wurde erstellt am 24.08.2008.
Die Seite wurde bearbeitet am 27.09.2016.