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Regina
Jetzt auch in 70mm
Teil 2

Wieder einmal war das Regina-Filmtheater wegen Umbau geschlossen. Das dauerte gegenüber den vorherigen Umbauten dieses Mal aber etwas länger, weil ein größeres Vorhaben in Angriff genommen wurde.



Im Saal wurden die vorderen Sitzreihen ausgebaut, die Platzkapazität verringerte sich von 709 auf 566 Sitzplätze. Vor der Bühne wurde ein neuer Leinwandrahmen aufgebaut. Daran wurden von oben nach unten ca 1.800 Streifen in einer Breite von einem Inch (2,54 cm) befestigt. Diese Plastikstreifen wurden extra aus Amerika eingeflogen. Streifen an Streifen, mit wenigen Millimetern Überlappung, entstand die neue Leinwand. Im fertigen Zustand war sie 8 Meter hoch und 20  Meter breit. Durch die Rundung wurde ein horizontales Blickfeld von 146 Grad und ein vertikales Blickfeld von 55 Grad erwirkt. Die räumliche Tiefenwirkung ist bei so einer Bildwand beeindruckender als auf einer in vielen Kinos üblichen flachen Bildwand.



Mit dieser Umbauphase vom 8. bis 18. November 1963 bekam das Regina-Filmtheater eine

Bild 34: Die gebogene CINERAMA-Streifenbildwand des Regina-Filmtheaters war in Wirklichkeit noch beeindruckender als das Foto hier vermitteln kann.   (Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)

Im Bildwerferraum wurden die "Philips DP70"-Projektoren wieder ausgebaut, weil sie von Anfang an für ein anderes Filmtheater der Betriebsgesellschaft bestimmt waren. Zum vierten Mal wurde nun die CINERAMA..... pardon,  ...die CINEMIRACLE-Anlage installiert, um erstmals im Regina-Filmtheater auf die 8 x 20 m große CINERAMA-Streifenbildwand zu projizieren. Auf dem Filmprogramm stand der CINERAMA-Streifen "DIE WUNDERWELT DER GEBRÜDER GRIMM". Zum Einsatz kamen wieder die bewährten drei "Philips FP20"-Projektoren. Als Lichtquelle waren wieder Xenonlampen im Einsatz.






Glück und Leid liegen oft dich beieinander und so stand in der Annonce vom 10. Dezember 1963 im Bremer Weser-Kurier zu lesen:

An unsere Besucher:
Wegen Grundstücksverkaufs wird der Betrieb der "Filmbühne Weserlust" heute eingestellt.

In der Filmbühne Weserlust waren zwei "FH66"-Projektoren der Firma Frieseke &  Höpfner in Betrieb. Diese Projektorentypen hatten standardmäßig 1300m-Filmtrommeln. In den Zeiten des Nitrofilms waren in den Filmtrommeln Begrenzungsstopfen eingeschraubt und so verplombt, dass wegen der Brandgefahr keine größeren Filmspulen als die 600m-Standardblechspulen verwendet werden konnten.



Die Weserlust war in der Tat ein "seltsames" Filmtheater. Uwe Eickhoff erzählt aus seinem Erfahrungsschatz:

Als Filmvorführer in der Weserlust mußte man auf alles gefasst sein. Da konnte es durchaus passieren, dass wenn man am Abend sein Butterbrot auspacken wollte, dann leider gezwungen war bis zum Feierabend Kohldampf zu schieben, weil die Ratten auch Hunger hatten und schneller waren.





Am 24. Januar 1964 gab das nächste Filmtheater in Bremen-Vahr auf. Beide Filmtheater gehörten zur Bremer Filmtheater-Betriebsgesellschaft Billerbeck KG. Im Weser-Kurier stand zu lesen:

An unsere Besucher:
Ab heute wird der Spielbetrieb im Gloria eingestellt.

Das Gloria in der Vahr gehörte zu den ersten Kinos von Bremen, die anstatt mit Beckkohle bereits mit Xenonlicht arbeiteten. Über den Verbleib der kinotechnischen Anlage, insbesondere der "Bauer B14"-Projektoren mit den 1300m-Trommeln ist nichts bekannt.




Das weitere Spielprogramm ab dem 19. November 1963 auf der CINERAMA-Grossbildwand im "CINERAMA-Regina" entnehmen Sie bitte der Tabelle.

Obwohl gerade nur eine 35mm-Projektionsanlage im "CINERAMA-Regina" installiert war, wurde in den Zeitungsannoncen dennoch mit Begriffen wie "TODD AO",  "DYNARAMA 70" "SUPER PANAVISION" und "VISTAVISION" geworben. Schließlich war das Regina-Filmtheater seit der Eröffnung 1957 bis zur Schließung in den 80er Jahren Bremens Kino mit der größten Bildwand.

Selbst das "U.T. am Bahnhofsvorplatz" warb in der Zeitung mit "TODD AO", obwohl dort keine 70mm-Projektionsanlage installiert war.

Leider stellte auch die "Camera" in der Horner Heerstraße 31 zum 29.12.1964 seinen Spielbetrieb ein.

Zwischendurch mal wieder ein Farbfoto aus dem Vorführraum der 60er Jahre, das hier unten zu sehen ist:

Bild 35:  Projektor "Bauer B12" mit Magnettongerät und 600m-Trommeln.

Der Operateur ist Wilhelm Schietke. (Foto ist Eigentum von W. Schietke.)

"Ein Centfoxfilm in TODD-AO auf der Großbildwand"

...las ich in der Annonce des Weser-Kuriers am 1. Januar 1965. Die Filmvorführer Wilhelm Schietke und Erwin Rößer bestätigen, dass der Film "SUED PAZIFIK" im Regina-Filmtheater nur in der 35mm-Version gezeigt wurde. Mit diesen Aufmachern (....in TODD AO...) wurden die Kinobesucher in die Filmtheater gelockt.

"ALAMO - jetzt in 70mm auf der nahtlosen Großbildwand"

...hieß es am 11. Juni 1965 in der Anzeige des Bremer Weser-Kuriers. In der Tat wurde zwischenzeitlich im Bildwerferraum wieder umgebaut. Und ALAMO war nun der zweite Film nach FLYING CLIPPER, der im Regina-Filmtheater im 70mm-Format gezeigt wurde.


In der Zwischenzeit hatte die Camera in Hannover ihren Spielbetrieb eingestellt. Betreiber der "Camera" war Wilhelm Klitzing. Er verkaufte seine beiden Universalprojektoren "Bauer U2" an die Bremer Filmtheater-Betriebsgesellschaft Billerbeck KG. Die neue Heimat für die zwei Universalprojektoren für 35 + 70mm Filme wurde das Regina-Filmtheater in Bremen.




Filmprojektor Bauer U2

Der Universalfilmprojektor "Bauer U2" wurde von der Firma Bauer in Stuttgart gebaut. Zwischen 1959 und 1968 wurden insgesamt 350 Projektoren** dieses Typs gefertigt, die weltweit verkauft wurden. Die 1300m-Spulentrommeln hatten anstatt der üblichen runden Form ein nahezu viereckiges Aussehen. Die untere lastabhängige Aufwickelfriktion hatte einen eigenen Antriebsmotor. Um einer Verwölbung des Films während der Projektion vorzubeugen, war die "Bauer U2" mit gekrümmter Filmbahn ausgestattet. Ein Vorteil, der sich auch auf die heutigen Polyesterfilme positiv auswirkt. Anstelle der üblichen Filmkufen drückten elastische Kunststoffbänder zur Filmstabilisierung den Film an die Filmbahn. Die Kunststoffbänder konnten auch mit Samtband beklebt werden, um einen ruhigeren Lauf zu erzielen. Das schützte zusätzlich das Kunststoffband vor Abnutzung.

Die beiden Transportrollen, die Malteser-Kreuzrolle, die Filmbahn und das Filmbahngegenstück konnten mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden, um das Projizieren von 70mm-Filmen zu ermöglichen. Mit Rücksicht auf den Verschleiss gab es für die "Bauer U2"-Maschinen nur getrennte Transportrollen für 35 und 70mm breite Filme. Bei handwerklich unbegabten Personen war dieser Projektor nicht sehr beliebt, da das Auswechseln der Transportrollen, der Kreuzrolle und auch die Objektive nur mit Hilfe eines Imbusschlüssels möglich war.

Jede 35mm- und 70mm-Filmspule mit einem Durchmesser von bis zu 54 cm und einer Achsbohrung von 12,7mm konnte auf diesem Projektor verwendet werden. Das Projektorwerk war serienmäßig mit einer Filmtür zur Geräuschreduzierung ausgestattet.


**Quelle: DEUTSCHE LAUFBILDPROJEKTOREN von Herbert Tümmel, Stiftung Deutsche Kinemathek, Berlin 1986




Das waren Projektoren, mit denen ich später auch und sogar gerne gearbeitet habe. Bei guter Pflege, regelmäßigem Oelwechsel und den notwendigen Wartungsarbeiten insbesondere an der lastabhängigen Aufwickelfriktion waren sie störungsunanfällig.

Bilder von der "Bauer U2" aus dem Vorführraum des Regina-Filmtheaters befinden sich auf der Regina-Seite "Auf der Großbildwand". Ergänzend möchte ich erwähnen, dass die vorhandene 4-Kanal-Magnettonanlage nicht auf 6-Kanal erweitert wurde. Die Kanäle "links" und "halblinks" wurden deshalb zu einem Kanal zusammengeschaltet, ebenso die Kanäle "rechts" und "halbrechts".

Bild 36: 35mm-Filmspulen mit 12,7mm-Achsbohrung für 1300m Film. Die Abbildung zeigt die grüne Blech-Filmspule von der "Bauer U2" (links im Bild) und die Alu-Filmspule von der "Philips DP70" (rechts im Bild). (Das Foto ist Eigentum des Verfassers.)

Bild 37: Soundtrack-Werbung im Schaukasten
zum Film: "ONKEL TOMS HÜTTE".
(Foto aus dem Archiv von H. Rigbers.)

"Nicht nur Filme vorführen, sondern auch werbewirksame Gestaltung in den Räumen des Regina-Filmtheaters zu machen, hatte mir großen Spaß gemacht"

 - berichtete Herr Wilhelm Schietke im Interview, das ich im Juli 2008 mit ihm führte. Er erklärte mir, wie das funktionierte:

"Ich baute einen kleinen Tisch mit kurzen Füßen. Darauf befestigte ich den Bügel einer Laubsäge. Daran habe ich einen Heizfadendraht gespannt, der von einem Trafo unterhalb der Tischplatte mit Strom versorgt wurde. Das war mein Styropor-Schneidegerät. Aus stabiler Pappe fertigte ich Buchstabenschablonen, die als Vorlage für die Styroporplatten dienten. Mit Stecknadeln hatte ich die Pappbuchstaben auf dem Styropor befestigt um anschließend mit dem vorher erwähnten Schneidegerät die Styropor-Buchstaben herzustellen. Die Grundplatten waren 50 x 100 cm, wobei ich die Oberfläche der zwischen 1 bis 4 cm dicken Styroporplatten zunächst mit Wasserfarbe angestrichen hatte. Nach dem Ausschneiden hatten die Styroporbuchstaben einen 3D-Effekt."

Der 3D-Effekt der Styroporbuchstaben ist auf dem Bild 38 etwas zu erkennen. Leider existiert vom Foyer kein Farbfoto.

Bild 38: Das Foyer mit den 3 Logen-Eingängen. An dünnen gespannten Drähten hingen die Styroporbuchstaben.   (Das Foto ist aus dem Archiv von H. Rigbers.)

(Das Foto ist Eigentum von W. Schietke.)

Ein 90 Minuten langer Spielfilm hat in der Regel 5 bis 6 Akte, wobei der erfahrene Filmvorführer eine gekonnte Überblendung von einer gerade abgelaufenden Filmrolle des einen Projektors auf die nächste Rolle so hinlegt, daß der Kinobesucher möglichst nichts bemerkt.


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